MIUT 2021

Moin Leute, euer Dani hier mit einem kurzen Review zum MIUT 2021.


Bevor ich euch zu diesem sagenhaften Rennen abhole, kurz noch eine Danksagung an Familie, Freunde und das gesamte Team für die Unterstützung während diesen anspruchsvollen Stunden. Ihr seit echt Knorke.
Also dann, nicht lang drum herum geredet. Der MIUT ist ein Brocken, 115km und 7.100 Höhenmeter hoch und wieder runter. Wer so ein Rennen mit einer fixen Zeit im Kopf angeht, der wird Probleme bekommen. Madeira ist nämlich alles andere als der 0815 Ausflug in die Alpen.
Ich für meinen Teil habe mir (und das mache ich immer so) das Rennen vorab in kleine und gut zu verdauende Happen zerlegt:


Teil 1.) war der Start in Porto Moniz mit einem ersten kleinen Hügel bevor es dann in einen beständigen Uphill gehen sollte. Lasst euch hier nicht täuschen. Auf diesem Foto hier sind +7K Höhe versteckt.

Selbst der kleinste hier vermerkte Anstieg ist daher ein kräftezehrendes Erlebnis. Der erste Anstieg als Beispiel war so steil das man beim gehen den Boden mit den Fingerspitzen berühren konnte. Wer also noch nicht wusste worauf er sich eingelassen hat, der wurde hier einmal auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.

Es geht also zuerst kurz den Berg hinauf, hier bitte schön die Kräfte sparen. Gleiches gilt für den Downhill danach. Natürlich könnten wir ballern, aber es handelt sich um einen mit flachen Treppen durchsetzten Singletrail mit teils brüchigem Untergrund. Einreihen und gemütlich mit der Masse ins Tal traben. Dort geht es dann bis KM7 auf Asphalt den Berg hinauf. Große Menschen wie meiner einer haben hier einen entscheidenden Vorteil, die Treppen in der Mitte der Straße sind relativ flach und für mich hatte es sich tatsächlich nicht wie ein Uphill angefühlt, ich konnte ganz normal gehen während andere ihre Schrittlänge bewusst einem Takt unterwerfen mussten. Voll geil, für mich.
Ab KM7 geht es dann hinauf in die Mangrovenwälder, es wird kalt, erdig und matschig. Der Boden später ist von Raureif überzogen was ihn schlüpfrig macht. Ich kann nur hoffen das es im April für euch bessere Verhältnisse sind damit der Untergrund hier besser passt und ihr gut voran kommt. Ich hatte mir vorgenommen langsam anzutreten und habe die erste V ca. 20 Minuten vor Cut erreicht. Auf dem Papier hätte ich gesagt müsste ich hier mit 60 Minuten+ durchlaufen. Aber das hier ist der MIUT.


Runter zur V2 führt ein Downhill der nur für die Besten unter uns laufbar sein kann. Wir reden hier von hohen Stufen, teils einen Meter oder mehr. Stark verblockt, technisch anspruchsvoll und das im Licht der Stirnlampe. Ihr werdet in diesem Segment keine Zeit gutmachen. Das könnt ihr am Ende des Downhills bis hin zur Verpflegung. Um 10 Minuten konnte ich meinen Puffer ausbauen und war nach 4 Stunden im Rennen geschockt von meinem geringen Progress. Also Achtung. Am Anfang, kein Blowup, aber auch kein Bummeln – bissig müsst ihr sein!

Den ersten Teil im Sack ging es für mich nun in den zweiten Teil meiner Streckenplanung. 1.200 Meter Uphill. Euch erwarten hier gut 900 Meter Serpentinen die aus unterschiedlichsten Stufen bestehen. Mir ging es gut von der Hand, viele andere die ich hier eingesammelt habe kamen leider gar nicht so spielend voran. Wer das üben möchte trainiert am besten an einem ausladenden Weinberg. Weiter oben erwartet euch eine Steigung, vergleichbar mit einer schwarzen Skipiste. Natürlich geht ihr diese frontal an und es ist euer Glück das es noch dunkel ist denn so könnt ihr nicht wissen wie lange ihr wirklich noch dort hinauf marschiert. An der dritten Verpflegung hatte ich mir fast 90 Minuten Puffer heraus gearbeitet. Ich war erstaunt, muss aber auch sagen das die ersten 5K mir sehr gut aus den Beinen gingen. Der Downhill zum vierten Verpflegungspunkt ist dann endlich mal „flowig“. Ihr könnt ohne große Bedenken die Beine laufen lassen. Zuerst gehts über eine breite Forststraße mit grobem Kies, dann auf Singletrails zwischen die Mangroven. Lasst die Stirnlampe noch auf, das Zwielicht ist trügerisch und ihr werdet auf dem Weg hinab einige Levadas passieren wo ihr durch kürzere Tunnel flitzt. Bei V4 könnts dann die Stirnlampe endlich abnehmen und auch den Windbrecher ablegen, so schnell geht es nicht mehr in diese Höhe in welcher der Wind Nachts bitterböse sein kann.

Der dritte Teil des Rennens verläuft zu Beginn leicht bergan. Immer und immer wieder werdet ihr auf Treppen und steile Forststraßen treffen. Ich für meinen Teil habe mir hier mit einem schnellen Walkingschritt beholfen, zwischen durch ein wenig Joggen lockert den Kopf und die Beine 😉
Runter zu V5 geht es an einer Levada entlang. Da lässt sich nochmal richtig schön laufen und nach einigen wirklich hohen Stufen die ihr über staubige und lose Erde stolpert steht ihr dann das erste mal in einer Verpflegung in der es warmes Essen gibt. Ich habs genutzt und mir eine Portion Reis und eine Flasche Cola gegönnt!

 

 

 

Danach muss ich sagen ging es mir Kilometer für Kilometer schlechter, die Mittagshitze hat mir richtig böse zugesetzt und so konnte ich meine Geschwindigkeit bergan leider nicht mehr wie in der Nacht zuvor halten. Ich gebe auch zu Bedenken, zu diesem Zeitpunkt habt ihr gerade mal etwas weniger als die Hälfte des Rennens in der Tasche. Also raus aus der V und kurz wie auch steil den Berg hinab, dann trefft ihr auf Mr. Ascent. Er ist eine Rohrleitung die ich während meiner Qualen so im Geiste getauft hatte und die unangenehm direkt den Berg hinauf führt. Viel Spaß euch allen, Mr. Ascent prüft nicht nur die Beine sondern auch eure Moral. Anbei ein Foto von oben damit ihr eine Vorstellung bekommt 😉

Mr. Ascent ist aber nicht der eigentliche Uphill, keine Sorge, der ist noch länger und noch steiler. Bevor ihr den aber unter die Füße bekommt geht es über einen wirklich herrlichen Singletrail an der Flanke des Berges entlang. Da könnt ihr ballern, da könnt ihr Tempo machen! Hier entkommt ihr für ein paar Minuten auch der brutalen Mittagshitze. Dann wird es aber mit jedem Meter steiler und selbst die Profis werden hier gezwungen sein ins schnelle Gehen zu wechseln. Wieder und wieder wird es unangenehm steil so das es euch schnell auf die Zehenspitzen zwingt, den Fuß voll aufsetzen? Geht hier nicht mehr. Aber auch hier ist nicht alles absolut, hin und wieder ergeben sich einige hundert Meter auf denen Ihr „laufen lassen“ könnt um die steifen Beine auszuschütteln. Kleiner Tipp, wer nicht genug Wasser von der Verpflegung mit hat oder bereits zu viel konsumiert hat, der findet hier den ein oder anderen Wasserlauf um kurz aufzutanken und sich zu erfrischen. Der Downhill, runter zur Verpflegung Nr. 6 ist dann nochmal ein Vorschlaghammer für die Beine. Wieder erwarten euch kleine und verblockte Absätze. Ich habs versucht zu laufen, mehrfach. Richtig Tempo konnte ich aber erst im unteren Teil heraus holen. Weiter oben musste ich zu oft „springen“ und das habe ich zu diesem Zeitpunkt bereits bis hoch in die Hüfte gespürt.
Unten angekommen gehts über Asphalt die Straße entlang, nicht täuschen lassen, bis zur Verpflegung ist es noch ein gutes Stück den bergan. Wer das läuft, dem applaudiere ich. Bei mir war ab dem Tunnel die Luft raus – aber zum Glück kommt dann auch schon die Verpflegung bei der ihr die Klamotten wechseln könnt und abermals auch etwas warmes zu Essen bekommt. Nutzt die Zeit hier, gönnt euch fünf Minuten extra.

Nun seits im vierten Teil des Rennens angekommen und es geht den nächsten wirklich massigen Anstieg hinauf. Wieder und wieder werdet ihr auf Serpentinen durch den Wald geschickt. Wieder und wieder begegnet ihr Stufen in unterschiedlichsten Höhen. DeutscheIndustrieNorm? Gibts für sowas nicht, wer dennoch in einen Flow kommt sollte ihn unbedingt nutzen. Wälder und Wolken unter sich gelassen erreicht man endlich den oberen Teil aber … egal was sie euch da sagen, es dauert noch so unglaublich lange bis ihr auf diesem Singletrail die nächste Verpflegung erreicht. Immer wieder geht es über kurze, steile Stufen bergan und ab. Irgendwo in diesem Bereich musste ich das Rennen für bestimmt fünf Minuten gut sein lassen weil ich so gänzlich am Arsch war das ich mich schlicht auf den Boden gesetzt hatte. War ein körperlicher und moralischer Tiefpunkt bei dem mich nur die Gewissheit weitergebracht hat das ich meine adipösen Fettarsch hier selbst reingebracht hatte, ihn also auch wieder herauszubringen hatte. Gebirgsjäger geben niemals auf, also weiter, ein wenig schwankend – aber weiter. Verpflegung 7 erreicht gab es eine weitere, längere Pause und auch wieder warmes Essen um den Kreislauf fit zu bekommen. Draussen wurde es derweil wieder unglaublich kalt. Die nächste Nacht kündigte sich hier oben bereits wieder an was mich dazu veranlasst hat nicht nur den Windbrecher sondern auch die Regenjacke und die Handschuhe anzuziehen. Wer mich kennt der weiss, auf sowas steh ich normal gar nicht aber zu diesem Zeitpunkt wars notwendig.

Raus aus V7 und rüber zu V8 ist dann wieder ein echtes Abenteuer. Ihr lauft nämlich in Richtung Pico Ruivo. Mega geil. Schlüpfrige und viel zu schmale Stahltreppen ballert ihr auf einem schwankenden Gerüst hinab und hinauf – das Geländer bitte nicht nutzen, es ist teils lose und ein Sturz in diesen Bereichen wäre nach finalem Aufschlag ein klarer DNF. Jetzt kommen auch wieder langgezogene Höhlen bei denen ihr die Stirnlampe braucht. Also selbst wenn es noch etwas hin ist bis zur Nacht lohnt es sich vielleicht schon bei V7 umzurüsten. Ihr werdet euch bis zum Ende des Ruivo ein wenig wie eine Laborratte vorkommen, so oft müsst ihr durch die Stollen, drunter durch und dann wieder darüber hinweg – da verliert man schnell die Orientierung. Am Gipfelhaus des Ruvio geht es dann wieder leicht bergab, ist aber bissig zu laufen mit vielen Stufen und die tun spätestens hier so unglaublich weh. Trotzdem, wer die Zähne zusammen beisst der kommt relativ rasch an die Verpflegung Nummer 8. Ich für meinen Teil habe etwas länger gebraucht weil ein paar Spaßvögel die Markierung abgeändert hatten … bin also mit vier Kilometer extra in den Beinen dort aufgeschlagen, hatte aber immer noch weit über zwei Stunden auf das Cut.

Von V8 auf V9 wechseln wir „endlich“ in den fünften und letzten Teil des Rennens. Mittlerweile war es dunkel bei mir und der Downhill war absolut nicht mehr laufbar. Rutschig durch den Regen und die vielen Läufer der kürzeren Distanzen, absolut dunkel, konisch zulaufend dank einem Wasserlauf in der Mitte des Trails und natürlich durften die verblockten, teils hohen Absätze nicht fehlen. Bis zu diesem Punkt bin ich kein einziges mal gestürzt – im Downhill runter zu V9 hat es mich gleich vier mal teils spektakulär aufs Maul gelegt was ich unter lautstarkem gefluche gen Himmel gebrüllt habe. Der letzte Anstieg zu V9 geht dann erst durch den Wald, Singletrail und immer wieder in kurzen aber knackigen Anstiegen über den matschigen Boden. So oft rutscht ihr dabei zurück und verbraucht eure kostbare Kraft in einem Balanceakt der einem Balletttänzer gleich kommt. Letztendlich erreicht ihr dann aber eine weitere Hochebene und zu eurer rechten steht ein hell erleuchtetes Haus auf das viele Stirnlampen zulaufen. Das ist aber nicht eure V, noch nicht. Für euch geht es weiter fast eben auf Kies voran. Lauft das Stück bis kurz vor die V, es ist dankbar und ihr schrubbt Kilometer ohne Stufen!
An Verpflegung 9 angekommen ist das Rennen dann für mich geschafft. Ich weiss, jetzt gehts nur noch Berg ab. Das geht. Irgendwie geht das! Aber ja … so leicht würde es dann doch nicht mehr werden. Die nächsten 10km raus aus V9 gehen tatsächlich schön bergab und lassen sich in der Theorie auch super geil laufen, aber wieder ist es ein matschiger, totgelaufener Singletrail der mich mehrfach mit Vollspeed ins Gebüsch schickt weil meine Muskeln einfach nicht mehr so reagieren wie sie sollten und mein müder Geist manch Hindernis auch nicht mehr als das wahrnimmt was es ist. Ihr kennt das Gefühl wenn ihr eine Treppe hinab geht und versehentlich eine Stufe zu viel nehmt? Dieser Ruck der durch euren Körper rauscht wenn ihr feststellt – der Boden ist da nicht und dann kommt er doch nur mit vielfacher Härte? Grausam. Letztendlich quäle ich mich moralisch angeschlagen in die Verpflegung Nummer 10. Dort checke ich einmal die Füße, gleich mehrere Blasen haben sich in den letzten Stunden gebildet. Sollen sie, auch das hält mich jetzt nicht mehr auf. Der Weg von V10 bis ins Ziel geht nur noch über Singletrails und breite Asphaltstraßen. Wer jetzt noch laufen kann, der holt richtig Zeit rein. Ich kann es nicht mehr. Ich stolpere meinen Weg in Richtung Ziel, mal versuche ich einen schnellen Trab, dann muss ich wieder gehen weil die Downhills zu anspruchsvoll werden und meine Oberschenkel mir langsam versagen. Auf den letzten Kilometern lauft ihr dann an der Küste entlang und final über eine überaus langgezogene Levada. Wenn ihr die verlasst, dann seit ihr da. Wenn. Ihr lauf lange darauf, also egal wie sehr es euch Richtung Ziel treibt – jetzt kein Blowup mehr! Erst wenn ihr das Meer wieder seht geht es für euch über Treppen hinab auf eine steile Wiese und von dort an den Strand und ins Ziel in welchem ihr euch zurecht als die geilsten Typen/Madels von Madeira feiern lassen könnt. Noch nie hat ein Bier so gut geschmeckt wie nach diesem Zieleinlauf.

Bleibt mir nur noch eins zu sagen: De que estão os cães à espera, querem viver para sempre? 😉

 

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