
Mitten in der Nacht, mitten im Flow – mein Lauf beim Innsbruck Alpine Trailrun Festival (K85)
Es gibt Rennen, da weiß man schon beim Start, dass es ein guter Tag – oder in meinem Fall: eine gute Nacht – wird. Der K85 beim Innsbruck Alpine Trailrun Festival war genau so ein Rennen. Auf dem Weg zu meinem Hauptevent im Sommer, 100 Meilen um die Zugspitze, wollte ich den Lauf ins Training einbauen und endlich die Trails um Innsbruck kennenlernen. Um Mitternacht fiel der Startschuss für gut 85 Kilometer und fast 4.000 Höhenmeter durch die Tiroler Berge. Ich stand dort, nervös wie immer in den Stunden davor, aber voller Vorfreude. Mein Freund war mit dabei, als Support an der Strecke – gefühlt mindestens aufgeregt für uns beide – und ich? Ich war bereit für einen richtig guten Lauf mit Festival-Flair.
Von Stirnlampen und Singletrails
Ich liebe Nachtläufe. Diese besondere Stille, wenn jeder ganz bei sich ist. Der Rhythmus der Schritte, das gleichmäßige Atmen, die Schlange aus Stirnlampen, die sich wie eine glitzernde Perlenkette den Berg hinauf zieht – das ist für mich Trailromantik pur.
Ich startete wie immer gemächlich, ließ mich nicht von der Anfangseuphorie mitreißen – was diesmal allerdings seinen Tribut forderte: Nach einem kurzen Abschnitt durch die Stadt kam es im ersten Anstieg gleich zu einem Stau an einer engen Treppe. Das komplette Feld stand still. Ein bisschen schade, denn die Singletrails danach wären richtig gut laufbar gewesen – weich, wurzelig, wellig. Aber stattdessen trottete ich lange im Tempo der Menschenraupe vor mir dahin. Erst ab der ersten Labe (schnell Flask auffüllen, ein paar Knabbereien in die Hand und weiter, um endlich dem Pulk zu entkommen) wurde das Feld etwas lockerer. Ab Labe Zwei konnte ich endlich freier laufen, das eigene Tempo machen, den Kopf langsam zur Ruhe kommen lassen – und genießen.

Verlaufen im Downhill – und trotzdem grinsen
Richtig schön wurde es beim langen Downhill in Richtung Morgendämmerung: mittlerweile hatte ich einen guten Teil des Feldes, das beim Start los gesprintet war, wieder eingesammelt, vor mir lagen butterweiche Singletrails, keine Menschenseele in Sicht, und der Horizont begann langsam zu glühen. Ich war das erste Mal im Flow – und prompt verlief ich mich. Kurz nicht aufgepasst, an der Abzweigung vorbei: der Klassiker. Die Markierung auf der gesamten Strecke war super, der Fehler lag definitiv bei mir, weil ich meinem Freund eine Sprachnachricht schicken wollte. 800 Meter Umweg, aber kein Drama, denn letztlich war es ja „nur“ ein Trainingslauf.
Kein Race-Modus – aber volles Herz
Mein Ziel war klar: kein Race-Modus, sondern genießen, ankommen, und am Ende mit einem guten Gefühl weiter ins kommende Training. Und das hat funktioniert, besser als gedacht. Mein Körper fühlte sich stark an, mental war ich komplett im Reinen mit dem Tempo und dem Erlebnis. Die Strecke war wundervoll abwechslungsreich, das Wetter – gut warm, aber bedeckt – für mich ideal. Dass mich ab der zweiten Rennhälfte immer wieder mein Freund an den Laben erwartete, war zusätzlich ein riesiger Push und ließ mir so richtig das Herz aufgehen.
Die letzten 20 Kilometer waren dann allerdings doch ziemlich hart. Auch wenn der Kopf überraschend gut mitspielte, brannte der letzte Anstieg zum und vor allem nach dem Romediwirt nochmal so richtig in den Beinen. So sehr, dass ich sogar ein Gel ausquetschte – und wer mich kennt, weiß: das passiert wirklich nur im äußersten Notfall.
Die Allee durch den Hofgarten, die zum Zielbereich mitten in der Innenstadt führt, ist wunderschön; auch wenn um die Mittagszeit dort noch nicht viel los war. Aber die Zuschauer:innen, die schon auf die ersten K100 und K85 Ankömmlinge warteten, machten umso mehr Stimmung! Nach 12 Stunden und 11 Minuten lief ich mit einem breiten Grinsen ins Ziel und meinem Freund in die Arme.

Danach: Hinlegen im Park, andere bekannte Läufer:innen empfangen, gemeinsam jubeln, Festival genießen! Denn mittlerweile füllte sich die Allee auch mit Läufer:innen und Support der vielen anderen Bewerbe.
Was etwas schade war: Das Jubiläum des Innsbruck Alpine Trailrun Festivals – 10 Jahre! – hätten die Veranstalter ruhig ein bisschen mehr feiern können. Und auch die Zielverpflegung war eher mau. Nach 85 Kilometern will man einfach nicht nochmal exakt das Gleiche essen wie an den Laben. Aber: Jammern auf hohem Niveau.
Unterm Strich war der K85 genau das, was ich mir erhofft hatte – und mehr. Eine wunderschöne Strecke, top Organisation, perfekte Stimmung, eine magische Nacht und ein Lauf, der mir viel Selbstvertrauen für die kommenden Abenteuer gegeben hat. Innsbruck, es war mir ein Fest!