Orobie Ultra Trail – Grand Trail Orobie

Willkommen in Italien, willkommen beim GTO. Dem Grand Trail Orobie!

Ben und Marc waren drei Jahre zuvor bereits hier und berichteten von harten und anspruchsvollen Trails…

Ich und Dome wollten es wissen, also Laufschuhe an und ab!

Marc und Ben 2015

Mit dem Bus fahren wir gute 90 Minuten von Bergamo aus nach Carona, einem verschlafenen Nest umschlossen von grünen, idyllischen Hügeln. Über tausend Läufer sollen es angeblich sein, eine Zahl die man sich erst vorstellen kann wenn man den gewaltigen Startblock sieht. Mit etwas Verspätung werden wir ins Rennen geschickt und drehen zuerst eine Ehrenrunde durch das steile Carona. Der gewaltige Pulk an Läuferinnen und Läufern lässt sich nur schwer entzerren. Nochmals passieren wir den eigentlichen Start und gehen danach direkt in den Uphill. Nicht unbedingt anspruchsvoll steigen wir über Stock und Stein den Berg hinauf. Unsere italienischen Mitläufer schert dabei eine offizielle Markierung recht wenig.

Dauert es ihnen zu lange steigen sie quer durch die Fauna und Flora gen Gipfel. Abkürzer! So schimpft man das bei uns. Doch andere Länder, andere Sitten. Nach einer knappen Stunde im Aufstieg passieren wir einen wunderschönen Stausee, den ersten Checkpoint und folgen weiter wie bisher einem steinigen Trail hinauf zur Spitze des ersten Berges. Unsere südeuropäischen Freunde scheinen dabei ein gemütliches Volk zu sein, selbst in laufbarem Gelände lassen sie sich nicht hetzen und wandern. Überholen ist jedoch fast unmöglich, zu steil und ausgesetzt sind die Wege.

Endlich gehen wir in den Downhill und lassen die müde Wanderschaft hinter uns. Doch die Freude währt nur kurz. Dome knickt um und verletzt sich schwer. Der Knöchel nach wenigen Sekunden bereits dick. Später sollten wir erfahren das gleich mehrere Bänder gerissen sind und eine Zwangspause von schrecklichen 6 Monaten bevor steht. Den Teampartner nun ins Tal zu bekommen sollte ebenfalls ein Martyrium werden. Der Trail sehr anspruchsvoll, die Mitläufer nur selten kollegial und noch seltener in Englisch bewandert. Für weniger als drei Kilometer benötigen wir mehr als zwei Stunden. Großes Kompliment an meinen Partner der trotz schwerer Verletzung und großen Schmerzen Meter für Meter hinab stieg!

An Kilometer 14 angekommen und Dome in die Hand der Medicals abgegeben konnte das Rennen nun für mich beginnen. Das Feld wollte von hinten aufgerollt werden und nichts anderes würde ich die nächsten 10 Stunden machen. Ein erfolgreiches Finish war Pflicht nun da Dome auf 70km nicht mehr an meiner Seite war und Ben bei 140km ebenfalls hatte aussteigen müssen.

Man muss hier abermals hervorheben, die Trails des GTO sind tatsächlich… Trails! Ihr lauft zu Beginn einen Kilometer auf Asphalt, dann seht ihr ihn erst nach dutzenden Kilometern wieder. Dazwischen? Wald, Wiese, Stein, Kies – TRAIL! Sensationell. Anstrengend. Kräftezehrend. Unglaublich!

Der komplette GTO ist „wellig“ oft stürme ich in sehr technischen Downhills den Berg hinab und muss mich „offroad“ an sturen Italienern vorbei mogeln nur um wenige Meter später in einen knackigen Gegenanstieg zu stürmen. Ich stehe im Schweiss, mein Herz klopft bis zum Hals, die Fußspitzen tanzen über Felsen, Steine, Geröll und Wurzeln. Ich bin im Flow und die Kilometer schwinden dahin!

Die einzelnen Verpflegungsstellen sind fast ausschliesslich auf offiziellen Hütten und was dort geboten wird ist erstklassig! So stur und teilweise unerfahren die vielen Italiener sind die hier teilnehmen umso positiver bleiben mir die vielen Volunteers und Zuschauer in Erinnerung. Jeder jubelt, klatscht und strahlt dich an. Selbst im Mittelfeld der Läufer fühlst du dich wie ein Topathlet!

Das Essen welches ausgegeben wird lässt ebenfalls keinerlei Wünsche offen. Obst, Kuchen, Gebäck und Süßigkeiten gibt es überall und in Massen. Ich verzichte jedoch auf fast alles. Glaubt es mir, mehr als 2 Äpfel habe ich in meinen 15 Stunden nicht gegessen. Wie das geht? TAILWIND! Ja, es ist Werbung und ja, es gehört eigentlich nicht hier her. Aber tausenddanke an Anna und Peter die mir mit Ihrem Produkt bereits beim Stubai Ultra zu Flügeln verholfen haben … scheiss auf RedBull. Tailwind lässt fliegen.

Bis kurz vor Bergamo bleibt das Rennen auf einem unglaublich hohem Niveau! Mir gelingt es auf den letzten 20 Kilometern wieder ins Feld der Läufer vorzurücken und endlich beginnt auch ein Schlagabtausch auf der Strecke. Mit vielen der Mitläufern kann ich mich nun messen. Wir jagen uns gegenseitig über die Trails und zu meinem Vergnügen lasse ich einen Großteil meiner Verfolger hinter mir. So schlecht der Tag mit der Verletzung meines Partners begonnen hatte, so glorreich sollte er enden. Beflügelt von den schrumpfenden Kilometern und dem Talwind-Tiger-im-Tank erreiche ich die Altstadt Bergamos.

Stellt es euch vor … hohe Häuser, enge Gassen. Die gepflasterten Straßen sind glatt und abgelaufen von den Füßen tausender Touristen. Das Restlicht des Tages strahlt über eure Schulter, alles ist in warmes rot getaucht. Ihr wisst, es sind die letzten Kilometer. „FORZA!!“ „BRAVI!!!“ die Schreie dutzender Italienischer Zuschauer hallen verzerrt an den Gebäuden hinauf und euch entgegen. Hier wandert kein Läufer mehr, egal wie steil es die letzten Meter noch hinauf geht. Die Zuschauermassen werden größer und größer, Blitzlichtgewitter schlägt dir entgegen. Schliesslich hetzt du über einen großen Vorplatz auf eine Kathedrale zu. Das Crescendo der schreienden Masse ist nahezu ohrenbetäubend! Wenige Meter trennen dich noch von dem Innenhof des beeindruckenden Bauwerks. Dort kommst du schlitternd auf einem Podium zum Stehen. Vor dir wogt eine Masse aus begeisterten Zuschauern die dich feiern wie einen Helden. Dein eigenes Lachen ist kaum zu vernehmen während du dir deine 30 Sekunden verdienten Ruhm abholst. Das Brüllen eines Siegers entweicht dir und die Antwort des Publikums fährt dir lautstark bis in den Magen und lässt dich beeindruckt zurückweichen. Das ist der GTO!

Dieser Lauf ist eine Sensation in sich. Er ist schwer. Schwerer als ein z.B. ein Zugspitz 100. Aber er ist auch so dankbar und belohnend. Den Läufer erwartet hier eine wunderschöne Landschaft die fordert, viel nimmt aber auch gibt. Jubelnde Zuschauer und ein Zieleinlauf der einem König würdig ist! Wir kommen wieder. Mit Sicherheit.

2 Responses to “Orobie Ultra Trail – Grand Trail Orobie

  • Zunächst einmal gute Besserung an Dome.

    Danke für den Rennbericht. Klingt echt nach einer Menge Spaß. Behalte ich für 2019 mal im Hinterkopf!

    Viele Grüße

    Steve

    • WeRun4Fun (Ben)
      6 Jahren ago

      Danke 🙂

      Ja ist echt ein tolles Rennen 🙂

      Dani, Carsten und Ben werden 2019 ziemlich sicher auch wieder am Start sein 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert