Nach monatelanger Vorbereitung war es endlich so weit: Gestern startete ich zu meinem ersten 100 km Ultratrail – dem Albtraum 100. Wobei: Eigentlich sind es 115 km mit 3.200 Höhenmetern. Die Strecke folgt dem traumhaft schönen, aber anspruchsvollen Albtraufgänger-Wanderweg im Landkreis Göppingen.
Start in die Nacht
Pünktlich um 4:00 Uhr morgens fiel der Startschuss – zusammen mit etwa 100 anderen Trailrunnern machte ich mich auf den Weg. Die Bedingungen waren fast zu gut: 16 Grad und extrem hohe Luftfeuchtigkeit schon vor Sonnenaufgang. Und es sollte noch heißer werden – bis zum Mittag waren 29 Grad angesagt. Das hieß: Strategie anpassen. Langsam anlaufen, Kräfte sparen, regelmäßig trinken. Mein Plan stand.
Der lange Weg beginnt
Schon die ersten drei Kilometer forderten uns: Es ging gleich 200 Höhenmeter bergauf zum Ostlandkreuz. Der Puls raste – aber Jammern war keine Option. Bei einem Ultramarathon entscheidet sich alles auf den letzten 30 Kilometern, also: ruhig bleiben, durchziehen.
Nach 15 Kilometern erreichte ich den ersten Verpflegungspunkt – von insgesamt acht. Die Helfer waren unglaublich freundlich und halfen sofort, meine Flaschen aufzufüllen. Über den Tag verteilt habe ich etwa acht Liter Isodrink getrunken – und jeden einzelnen Schluck gebraucht.
Allein, aber nicht einsam
Es ging auf und ab, von VP zu VP. Manchmal lief ich mit anderen zusammen, meist jedoch allein – begleitet nur vom atemberaubenden Panorama der Schwäbischen Alb und dem Gefühl, mitten in einem tropischen Dschungel unterwegs zu sein. Die Hitze, die Feuchtigkeit, das ständige Auf und Ab – es war brutal und wunderschön zugleich.
Die letzten Kilometer – und dann das Gewitter
Nach 90 Kilometern kam ich an VP7 an. Noch 25 Kilometer bis ins Ziel – man konnte es fast schon spüren. Voll motiviert ging ich den Downhill an, sammelte mentale Kraft für den vorletzten, steilen Anstieg: den Tagelsberg.
Doch dann: Wetterwarnung. Ein Gewitter zog auf, wir sollten Schutz suchen. Aber ich war mitten im Anstieg, weit und breit keine Hütte. Also blieb mir nichts anderes übrig, als weiterzugehen – durch strömenden Regen, mitten ins Gewitter hinein. Ich hatte Angst. Ehrlich. Jeder Donner grollte tief in der Brust.
Die letzten 10 km – wie im Rausch
Nach einer Stunde hörte der Regen auf – genau als ich an VP8 bei Kilometer 105 ankam. Es gab warme Brühe, neue Energie. Dann: die letzten 10 Kilometer, wieder in die Dunkelheit hinein. Der Weg führte durchs Felstal – mystisch, steinig, eng. Am Ende soll dort das Skelett eines Läufers liegen, der es nicht geschafft hat… Ein makabrer Mythos, der in dem Moment verdammt real wirkte.
Doch ich war jetzt wie im Rausch. Die letzten fünf Kilometer – ich bin sie so schnell gelaufen wie keinen Abschnitt des ganzen Tages. Getragen von Endorphinen, Gänsehaut und Tränen in den Augen.
Zieleinlauf nach 18:53 Stunden
Um 22:53 Uhr lief ich ins Ziel. Jubel von Albtraum Team und wenigen Mitläufern – aber für mich war es der größte Moment. 18 Stunden und 53 Minuten. Geschafft. Ich bin stolz. Ich bin glücklich. Und wenn ich daran denke, kommen mir wieder die Tränen.
Danke an alle vom Albtraum-Team. Diese Emotion, dieses Erlebnis – das ist einfach einmalig.