IATF 85K – by David Pfeil

Die Umstände

Das Jahr 2020 schreibt die verschiedensten Geschichten. Durch die Corona-Pandemie wurde das IATF 2020 in den September verschoben. Das macht zum einen aus einem Frühlingslauf einen Herbstlauf. Zum anderen ist das unfassbar mutig vom Veranstalter in dieser komplizierten und unvorhersehbaren Phase ein so großes Laufevent zu stemmen – DANKE DAFÜR!

Meine Topform hätte ich wohl im Frühling erreicht, nachdem ich während des Lockdowns so viele Kilometer abspulen konnte wie selten zuvor. Zudem zweifelte ich, ob der Lauf im September auch wirklich wird stattfinden können. Dennoch hielt ich meine Form und meine Motivation weitestgehend, sodass ich gesund und begeistert nach Innsbruck reisen konnte.

Das Konzept, dass am Nachmittag Equipment-Check und nachts Start sein soll, kam mir entgegen, denn so sparte ich meinen Urlaub und konnte auch ganz unkompliziert im Auto schlafen.

Das Hygienekonzept

Es war aus meiner Sicht ein toller Schachzug das Veranstaltungsgelände auf die großdimensionierte Olympiaworld zu verlegen. Kluge Aufteilung des Messegeländes, der Kontrollen und der sonstigen Infrastruktur, gaben mir das Gefühl von Ordnung und Sicherheit. Das half sich komplett auf den Lauf fokussieren zu können.

16.09.2020

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Auch später an den Verpflegungsständen waren die Regeln so gestaltet, dass man mit desinfizierten Händen das Essen und das Trinken serviert bekommt. Meiner Meinung nach kann davon auch in „normalen“ Jahren vieles übernommen werden.

Start

23:00 Uhr ist Start. Kurz vorher wurde nochmals eine Materialkontrolle durchgeführt bevor die Läufer in ihr Startgate durften. Mit ungewohnt viel Raum um jeden Läufer ging es dann mit Maske aus dem Start und in die sternenklare Nacht hinein. Wenige Zuschauer gaben einen Impuls von außen und so konnte man schnell seinen eigenen Körper fühlen und steuern. Die Strecke führte kurz auf Asphalt durch den Rand von Innsbruck, ehe es dann

immer stetig bergan in schönen Trails ging.

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Meine Befürchtungen, dass es sich an der Schlucht im Single-Trail stauen könnte, wurden nicht bestätigt und so ging es auf flowigen Trails in Nacht kilometerlang durch eine wunderschöne Schlucht. Meine Beine wurden warm und ich konnte mein Tempo kaum noch zügeln. Nach dem Trail ging es schließlich ein bisschen steiler werdend das Tal hinauf. Ich folgte den Lichtern vor mir traumwandlerisch sicher. Und dabei passierte es – falsch abgebogen. Wir standen zu viert im Wald und mussten uns per GPS auf die Route zurücknavigieren. 100 hm extra…

Jetzt merkte ich bereits, dass mein letzter Lauf schon ein Jahr zurückliegt und ich dieses Tempo noch nicht hätte laufen können. Ich war zu schnell. Bis zur ersten Verpflegung ging

es nahezu nur bergauf, wobei ich mich jetzt drosselte. Dort angekommen, merkte ich wie hungrig ich war. In großen Mengen aß ich alles von salzig bis süß und füllte meine 1,5 l wieder auf.

Als ich dann den steilen Anstieg Richtung zweiter Verpflegung anging, hatte ich schon mein erstes Tief. Es war tiefste Nacht, ich war allein, die Beine waren schwer und bis ins Ziel war es noch eine gefühlte Ewigkeit. Aber auch aus dieser Situation wächst man heraus. Auf der Hälfte zur nächsten Verpflegung fand ich meine Kraft schon wieder, sodass kein großer Schaden entstanden war.

Hier verpflegte ich mich nur minimal, weil ich mich topfit fühlte und angriffslustig wurde. Mein Angriff weilte nur kurz, denn abermals musste ich mit drei anderen innehalten um zu rätseln, wo die Tour weitergeht. Aber dann ging es wieder rund und ich konnte im langen Downhill von der Mutterer Alm nach Birgnitz sehr schnell, viele Kilometer abspulen.

Dort war eine Verpflegung, die ich zum Wiederauffüllen nutzte. Außerdem traf ich eine nette österreichische Nonne, mit der ich die letzten Stunden bis zum Sonnenaufgang zusammenlief. Das tat dem Geist gut, denn es hielt wach und aufmerksam. Einige Stürze passierten nun in der Dunkelheit auf den steilen Wurzelwegen an der Nordkette. Vor dem Sonnenaufgang ging es noch einmal sehr steil hoch und dann wieder runter bis ich endlich an die Verpflegung kam.

Hier tankte ich viel Kraft für Geist und Körper. Die Hälfte des Laufes war bereits geschafft. Die Sonne brachte auch meinen Freund Matthias mit, der auf dem K110 unterwegs war. Wir entschieden uns zusammen weiterzulaufen.

Mit neuem Schwung ging es Richtung Romediwirt. Das sollte die nächste Verpflegung sein. Die Sonne bescherte uns dabei auch tolle Einblicke ins Tal nach Innsbruck oder in die Stubaier Alpen. Außerdem passierten wir schöne Almen und eine schöne alte Burgruine.

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Beim Romediwirt kamen wir dann auch zügig an. Die Freundin von Matthias supportete uns, was uns einen Schub noch einmal gab. Der nächste Abschnitt wurde wieder heftig. Das lag zum einen an der steigenden Temperatur, dem hohen Asphaltanteil durch Hall und zum anderen an der nicht enden wollenden Steigung hinauf zum Herzsee.